Was ein Glück, dass es sonst keine Probleme auf der Welt gibt. Rojava droht immer noch zu fallen und Faschist Assad bombt währenddessen weiter Zivilisten in Syrien aus. All das ist schrecklich, aber es interessiert niemanden. Denn schließlich ist in der Westbank wieder ein Sack Kichererbsen umgefallen, dem man die geballte mediale Aufmerksamkeit widmen kann. Aber was genau ist passiert?
Siad Abu Ain, palästinensischer Minister für irgendwas mit Siedlungsbau ist gestorben. Bei einer “friedlichen” Demonstration gegen einen “illegalen” Vorposten in der Westbank. Dass “friedlich” steht deshalb in Anführungszeichen, da ich im März diesen Jahres in Jerusalem selbst erlebt habe, wie solche friedlichen Demonstrationen aussehen. In verschiedenen deutschen (Print)Medien wird sofort der Zusammenhang zu Polizeigewalt hergestellt, obwohl die Autopsieergebnisse etwas ganz anderes vermuten lassen. Eine kleine Presseschau:
Nach Konfrontation mit israelischen Soldaten: Palästinensischer Minister gestorben (Tagesschau)
Tränengas eingeatmet Palästinensischer Minister stirbt nach Gerangel mit israelischen Soldaten (stern)
Palästinensischer Minister stirbt nach Ausschreitungen (deutsche Welle)
Die “Islamische Zeitung” zitiert auf Facebook Ahmed Bitaui, den Direktor des Zentralkrankenhaus von Ramallah:
“Todesursache waren heftige Schläge auf die Brust.”
Das war im Übrigen vor der Autopsie.
Die Stimme Russlands geht noch einen Schritt weiter und weiß hingegen wer schuld ist:
Palästinensischer Minister tot: Autopsie beweist Israels Schuld
Auch Russia Today (auf deutsch) streut die Lüge vom Gewehrkolben auf der Brust:
“Der Siedlungsminister der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Ziad Abu Ein, wurde nach Augenzeugenberichten von israelische Soldaten mit Gewehrkolben geschlagen und verlor daraufhin sein Bewusstsein. Wenig später erlag er seinen Verletzungen.”
Diese Behauptung ist schlicht und ergreifend gelogen. In keinem der unzähligen Videos sieht man israelische Soldaten, die mit Gewehrkolben auf Abu Ain einschlagen. Vielmehr werden die Soldaten zuerst von den “friedlichen” Demonstranten in die Mangel genommen und begannen danach, sie zurückzudrängen.
Das Ganze könnte man jetzt ewig fortführen. Einzig und allein die Welt, also die zionistisch-kontrollierte Springerpresse, bringen die angebliche Polizeigewalt nicht in die Headline:
Einige interessante Fakten bringt der Artikel zudem mit sich:
“Laut der Autopsie sollte eigentlich kein Zweifel mehr bestehen. Die israelischen, palästinensischen und jordanischen Gerichtsmediziner, die Mittwochnacht der Obduktion in Abu Dis beiwohnten, sagten einhellig: Siad Abu Ain, der hochrangige palästinensische Beamte, dessen Tod das Blut der Führung in Ramallah in Wallung bringt, starb an einem Herzinfarkt.”
Wie jetzt? Ein Herzinfarkt? Vom Gerangel mit Soldaten und dem Inhalieren von Tränengas?
“Die Ärzte fanden bei der Leichenschau einen kleinen Bluterguss am Hals und über der Aorta – wahrscheinlich die Folge eines Handgemenges mit israelischen Soldaten. Doch das, so die israelischen Ärzte, sei keinesfalls die Todesursache gewesen. Das Geplänkel mit den Soldaten könnte Abu Ain zwar in Stress versetzt haben und so zum Herzinfarkt beigetragen haben.”
“Doch es war nicht der direkte Grund für seinen Tod. Vielmehr war Abu Ain eine tickende medizinische Bombe. Bei der Obduktion fanden die Ärzte “bis zu 80 Prozent verengte Herzkranzgefäße” – Folge mehrerer Krankheiten des Ex-Politikers. Er war Diabetiker, litt unter Bluthochdruck und war ein schwerer Raucher. Zudem fanden sie Narbengewebe im Herzen – Überbleibsel früherer Infarkte, und nun eine frische Blutung unter einer Koronararterie.”
Eine wichtige Tatsache, die aber von allen anderen unterschlagen wird: Abu Ain war alles andere als putzmunter. Er litt an Bluthochdruck und Diabetes und war Kettenraucher. Da stellt sich die Frage, warum man mit solch einem Leiden auf Demonstrationen in der ersten Reihe mitmischt? Darauf gibt es keine rationale Antwort, genau so wenig wie auf die Frage, was junge Palästinenser dazu treibt, in Synagogen oder an Bushaltestellen Juden mit Messern umzubringen. Aber sein Tod kommt der P.A. gerade recht um ihn medial auszuschlachten, schließlich verliert Abbas momentan massiv an Popularität. Was ja im Grunde genommen nicht wichtig ist, da in Palästina eh keine Wahlen stattfinden, aber sei’s drum.
Der Tod von Abu Ain ist bedauerlich. Aber er ist, entgegen der allgemeinen Stimmung, nicht durch israelische Militärgewalt entstanden. Doch um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man sich schon durch den Online-Blätterwald wühlen und wissen wonach man sucht. Die antiisraelische Stimmung in der Öffentlichkeit ist also hausgemacht.
Abu Ain ist übrigens verurteilter Judenmörder und saß wegen einem Terroranschlag, der zwei jungen Israelis das Leben kostete im Knast. Er wurde im Zuge eines Gefangenenaustauschs freigepresst und hat dann in der P.A. politische Karriere gemacht. Er hätte eigentlich zum Zeitpunkt der Demonstration im Gefängnis vor sich hin rotten müssen.